Bewertung: 3

Isabelle Eberhardt – Tagwerke

Bewertung: 3 Kronen

Die leitende Gräfin klärt uns auf, wieso sie auf Isabelle Eberhardt gestossen ist. Sie fand einen Zeitungsartikel in der NZZ, wo überaus interessant und ausführlich über Isabelle Eberhardt geschrieben wird.

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert, Teil 1 “Tagwerke” sind die Tagebücher von Isabelle Eberhardt, Teil 2 “Im heissen Schatten des Islam” sind Kurzgeschichten über den Alltag in der Wüste wiedergegeben.
Die Gräfinnen hatten den Auftrag, sicher die Tagwerke zu lesen, falls Zeit und Lust, können die Kurzgeschichten angefügt werden. Die Diskussion beschränkt sich also auf den 1. Teil des Buches.

Nur eine Gräfin hat beide Teile gelesen. Marina fand, sie wurde im zweiten Teil versöhnt. Sie hätte das Flimmern der Luft gespürt und die Geschichte bekam ein Gesicht. Sie meint, die Kurzgeschichten seien lesenswert und geben einen realistischen Einblick in den Alltag der Wüste.

Zur Autorin

Isabelle Eberhardt führte zu ihren Lebzeiten (um 1900 ) einen unkonventionellen Lebenswandel und hat so das Interesse geweckt.
Die Gräfinnen meinen, dass sie sehr einsam war, hatte keine Bezugsperson.

Isabelle war ohne Zweifel depressiv, ihr war sehr wohl bewusst, auf welch schmalem Grat sie sich bewegte.
Sie genoss eine gute Erziehung, war wohlerzogen, hatte keine Geldsorgen. Trotzdem gab sie sich nicht zufrieden mit dem was sie hatte, wollte auf eigenen Füssen stehen, verabscheute aber das Bürgertum. Auch ihren Bruder, den sie von Herzen liebte, entglitt ihrer Zuneigung, er wurde ihr fremd.

Kritik

Eine Gräfin macht ihrem Unmut Luft.
1. Die Karte im Anhang sei deutsch gesagt: verschissen, man hätte getrost verzichten können.
2. Die Person der Isabelle hat sie nur genervt. S.137 unten der letzte Abschnitt zeigt ihr, dass Isabelle vor allem narzistisch veranlagt war, verlogen, egoistisch, verwöhnt und hinterlistig. Sie gab ihr gehörig auf den Wecker. Sie konnte sich nicht auf die Gedanken einlassen, gab die Lektüre auf und hat sich nicht mehr darum gekümmert.

Eine andere Gräfin hält entgegen, dass sie die Gedanken in den Tagebüchern sehr intim fand und sich manchmal fast wie eine Voyeurin vorkam, als wären die Tagebücher nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Wir meinen, dass Isabelle ständig irgend welchen Träumen hinterher jagt, kaum hat sich etwas erfüllt, kommt wieder Unruhe in ihren Geist. Isabelle suchte eine Heimat, welche ihr niemand schaffen konnte, nur sie selber.

Noch eine andere Meinung: Isabelle war sehr unruhig, spürte sich selber nur wenig. Vermisste ihre Mutter, welche früh starb und immer wieder im „Weissen Geist“ allgegenwärtig war.
Isabelle war immer unterwegs, verdiente kein Geld, war immer abgebrannt. Sie musste „betteln“, war immer auf die Grosszügigkeit anderer Leute angewiesen. Sie liess sich aushalten, war keine geduldete Person.

Wir stellen (mit einer Ausnahme) gleich von Anfang an klar, dass wir enttäuscht sind. Dieses Frauenleben hätte Stoff für eine spannende Lektüre geboten, ein Leben ohne Kompromisse und jenseits aller Konventionen.

Zitate

C: Seite 227
„Wieder macht meine Seele eine Übergangsphase, eine Inkubationszeit durch. Wieder ist sie im Begriff, sich zu verändern, wohl um noch düsterer und trauriger zu werden…Zu welchem entsetzlichen Ergebnis werde ich eines Tages noch gelangen, wenn dieser unaufhaltsame Vorstoss ins Schwarze weitergeht?“

P: Seite 144
„Leiden ist gut, denn es veredelt…zweifellos veredelt es für die unbekannten Vollendungen des Jenseits, denn ohne das Jenseits ist alles unwürdig und dumm.“ Petra meint, Isabelle besass Sucht und Streben nach dem Tod, sie glorifizierte ihn fast.

E: Seite 204
Eine fast übermenschliche, aber zügige Anstrengung in einem einzigen Schwung fällt mir nicht schwer. Doch diese ununterbrochene, endlose kette kleiner kaum wahrnehmbarer Anstrengungen ohne sichtbaren Wert, ohne sofortiges und vorweisbares Ergebnis, diese Folge kleiner Kämpfe gegen mich selbst, gegen meinem Geschmack, meine Bestrebungen, meine Wünsche und meine noch so legitimen Bedürfnisse- all das ist bei meiner Natur die allerhärteste, die schmerzlichste Prüfung überhaupt.“

M: Seite 62“
„Man sollte den offensichtlichen Egoismus des auf jedem Blatt zum Vorschein kommenden Ich nicht für Grössenwahn halten…Nein… Es ist in erster Linie die Gewohnheit des Einsiedlers, immerfort in sich selbst zu schauen; aber auch die Notwendigkeit, ein Buch zu schaffen, das mir später das wahre Bild meiner heutigen Seele zeigen kann; das einzige Mittel, mein gegenwärtiges Leben zu beurteilen und später festzustellen, ob sich meine Individualität tatsächlich fortentwickelt oder nicht…..“

C: Seite 76
„Woher kommt das? Von der fehlenden Entwicklung der Individualität oder dem nivellierenden Einfluss des Islam? Sicherlich von beidem.“

B: Seite 74
„Sonnenaufgang, während die Matrosen das Segel spannen… Zunächst rosige, lilaschimmernde Dämmerung. Das Meer bekommt einen lilienfarbenen, an der Oberfläche silbrigen Ton. Dann steigt die karminrote Sonnenscheibe aus dem purpurvioletten Nebel auf. Darüber feine rosa Wolkenfetzen mit blassgoldenen Rändern…….“