Bewertung: 2

Lea S. Laasner (u. Hugo Stamm) – Allein gegen die Seelenfänger

Bewertung: 2 Kronen

 

seelenfängerMit dem Entschluss der Mutter, der Kultbewegung Ramth zu folgen, geht leas Kindheit jäh zu Ende. Die Familie zieht nach dem Verkauf von Haus und Gut in Zentralamerika in völliger Isolation. In der Gemeinschaft gelten persönliche Beziehungen nichts. Ein Guru und sein Medium führen die Gruppe an, die  in einer riesigen Ranch haust. Um an deutsche und schweizerische Spendengelder zu kommen, tarnt man sich als Hilfswerk. Es gibt Besuch von Politikern und Botschaftern. Lea wird zur Auserwählten des Gurus und von ihm sexuell missbraucht. Zu diesem Zeitpunkt ist sie 13 Jahre alt.

Zehn Jahre lebt sie in der Abgeschiedenheit, besucht keine Schule, hat keinen Kontakt zur Aussenwelt.  Absurde Rituale, Indoktrinationen und mentale Manipulationen prägen den Alltag. Lea leidet körperlich und psychisch unter den Lebensumständen, denen sie hilflos ausgesetzt ist und will sich das Leben nehmen. Einzig ihr Freihietsdrang hält sie davon ab. Sie ist 21 Jahre alt, als ihr die spektakuläre Flucht gelingt.

Über die Autorin

Lea Saskia Laasner,  wird 1980 in der Nähe von Winterthur geboren. Die familiäre Idylle bekam jedoch Risse, als sich die Mutter immer stärker esoterischen Praktiken zuwandte und auf das im Buch „Janet“ genannte Medium Julie Ravel aufmerksam wurde, das Botschaften des Geistwesens „Ramtha“ channelte.

Der Vater stand der Begeisterung erst skeptisch gegenüber, aus Angst, seine Frau zu verlieren, zog er jedoch bei allem mit und verkaufte sein florierendes Architekturbüro. Alle Versuche von Freunden und Verwandten, diesen Ausstieg aus den gesicherten Verhältnissen eines gutbürgerlichen Lebens zu verhindern, scheiterten. Die ganze Familie schloss sich der rund 40 Personen umfassenden „Lichtgruppe“ an. Die Anhänger von Janet und Benno waren überzeugt, dass eine nahe Apokalypse bevorstehe, sie aber mit Ramthas Hilfe in der Lage seien, sich in Lichtwesen zu transformieren. Die Gruppe lebte mehr oder weniger in völliger Isolation in Österreich, Bayern, Portugal und schliesslich im mittelamerikanischen Staat Belize, wo sie sich eine Farm kaufte. Mit 13 Jahren wurde Lea Bennos Geliebte und in den folgenden acht Jahren immer wieder Opfer seiner sexuellen Übergriffe und äusserst sadistischer Sexualpraktiken. Lea reagierte auf das schier unerträgliche Klima ständigen Terrors und Missbrauchs und des kollektiven Wahns, in dem sich die Gruppe befand, mit Bulimie, konnte sich aber stets einen ungebrochenen Kern und einen starken Freiheitsdrang bewahren. Mit Hilfe eines belizianischen Polizisten, in den sie sich verliebt hatte, gelang ihr schliesslich die Flucht von der sekteneigenen Farm und nach einiger Zeit kehrte sie in die Schweiz zurück, wo sie von Verwandten aufgenommen wurde. Sie kam in Kontakt mit dem Sektenexperten Hugo Stamm, der ihr half, ihre Geschichte als Buch zu veröffentlichen und auf diesem Wege auch ein Stück weit zu verarbeiten. Dafür erhielt sie 2005 den Prix courage.

Diskussion zum Thema

Wir erhalten zu Beginn der Sitzung etliche Hintergrundinfos über die Sekte.  Gräfin 1 ist sehr beeindruckt von Lea.  Die Kraft, die sie aufbrachte, um die Sekte zu verlasen, hat sie bewundert. Dieser Gehirnwäsche standzuhalten und sich eine Eigenständigkeit zu bewahren, hat sie tief bewegt. Die schlimmste Szene war jedoch, als die Mutter den Vater in der Gruppe fertig machte. Lea hat überlebt, weil sie so distanziert sein konnte.

Gräfin 2: Sie hatte grosses Mitleid mit der Figur, das Schicksal ist wahrlich tragisch. Oft dachte sie, dass Lea im Alter ihrer Tochter ist, der sexuelle Aspekt ist grauslig. Die Rolle der Erwachsenen ist unverzeihlich! Für sie stimmen aber der Titel und der Inhalt nicht überein. Seele = Körper, oder? Aber der Kampf ist nicht da, der beginnt erst 6 Seiten vor Schluss. Sie konnte diesen Kampf überhaupt nicht nachvollziehen. Eher war da der kindliche Gesichtspunkt; keine Hilfe, kein Rückhalt, grosse Einsamkeit. Das stimmte traurig.
Das Buch ist aber eine ständige Wiederholung, literarisch nicht diskutierbar. Redundant.

Gräfin 3: Es handelt sich hier um eine sehr ausführliche Reportage. Es ist schon erschreckend, wozu Menschen fähig sind, die ihr Heil suchen. Das hat bei ihr grosse Betroffenheit ausgelöst. Wie wenig Ideologie es doch braucht, um überzeugend zu sein! Die ganze Sekte und Theorie um Benno ist handgestrickt, einseitig, um nicht zu sagen hanebüchen!
Doch damit kriegt er eine grosse Schar Menschen zusammen, die für diese quasi nicht vorhandenen Ziele ihr ganzes Vermögen, ja ihr Leben aufgeben! Sie hofft sehr, dass Lea ohne Schaden davon kommt! Denn auch mit diesem Buch wurde sie wieder missbraucht, von den Medien, den Menschen um sie herum. Leider ist das Buch sehr reisserisch. Es blieb auf Blick-Sprachlichem Niveau. Es ging nie um Aufklärung, nur die emotionale Ebene zählte. Für sie ist es ein unseriöses Buch.

Gräfin 4: Es ist eine Aneinanderreihung sachlicher Fakten. Es ist von keinem literarischen Wert. Doch so schrecklich es ist, was Lea erlebt hat, es ging ihr nicht zu Herzen. Jeder in der Sekte sucht sein eigenes Heil, auch wenn es anderen Leid zufügt. Dieses Heil ist ihnen vom Guru vorgegeben. Es löste in ihr zeitweise eine richtige Wut aus, dass niemand dem Treiben Einhalt gebot. Ein schwacher Vater, der den Missbrauch der Tochter zulässt! Beni bemängelt, dass Lea scheinbar nicht (mehr) in Therapie ist, sie kritisiert damit Hugo Stamm.

Gräfin 5: Die Beziehung in der Familie war schon vorher nicht da. Es war ja nie gut. In Südamerika ging die Gespaltenheit weiter: Einerseits lebte man abgeschottet von der Aussenwelt, andererseits gingen Einladungen an den Premierminister von Belize. Ihr gefiel die einfache Sprache.

Gräfin 6: Auch sie ist der Meinung, dass die Konstellation der Familie unmöglich ist, eine durchgeknallte Mutter (sie verbringt Tage und Nächte alleine im Wald, als sie krank ist) trifft auf schwachen Vater. Kinder haben keine Chance auf „gesundes“ Aufwachsen. Für sie ist der Vater der Hauptschuldige an der Tragödie. Er hätte als „normaler“ Mann und Vater Verantwortung wahrnehmen müssen und dem Treiben Einhalt bieten sollen. Für sie war die Sprache zu einfach, alles zu simpel und zu banal erzählt. Der Titel des Buches liess sie auf mehr Inhalt hoffen, sie erwartete, dass Facts und Hintergrundberichte über die Sekte dabei sein werden. Zahlen, Berichte, News, zumal der Name Hugo Stamm so etwas suggerierte. Aber wo Stamm drauf steht, ist nicht immer Stamm drin…

Zitate

S. 169 Mitte: „Du musst das spirituelle Kribbeln, das du bei Alyson spürst, auf mich übertragen. Mit deiner Willenskraft und dem spirituellen potenzial schaffst du das.“
S. 228, „Ich bekam eine richtige Wut auf den Scheisskerl, der skrupellos integrierte und nur auf seine Bedürfnisse achtete.“
S. 104 „Mit der Stiftung bauten wir eine fast perfekte Illusion auf, sowohl nach innen als nach aussen. ……….Wir hatten auch keine moralischen Skrupel, denn wir glaubten, dass die Aussenwelt übersinnlich unterentwickelt sei und uns deshalb nicht verstehen könne“.

Achtung: Sprache wird kaum bewertet.
Krönchen: 5 x 2, 1 x 4