Bewertung: 3

Martin Suter – Lila, Lila

Bewertung: 3 Kronen

 

LilalilaDavid ist Kellner in einer Szenebar und damit natürlich für das Publikum erstmal uninteressant. Das stört ihn nicht besonders, bis die 24-jährige Marie im Esquina auftaucht. David verliebt sich in sie, wird aber von ihr nicht zur Kenntnis genommen. Bis er in der Schublade eines gekauften Nachttischchens das Manuskript eins verstorbenen Mannes findet, welches er Marie bittet zu lesen. Sie findet die Liebesgeschichte ausgezeichnet, schickt das Werk an einen Verlag, der es prompt veröffentlichen will und unter dem prüfenden Blick einer altgedienten Verlagsredaktorin als zukünftiger Bestseller angekündigt wird.

Und siehe da: Der Roman wird zum grossen Renner, und der Protagonist kann sich mit fremden Federn schmücken. Unverdient erhält er grosse Publizität, und verliert allmählich die Kontrolle über die folgenden Ereignisse. Es kommt, wie es kommen muss. Die ständig dräuende Gefahr der Entdeckung seines Betrugs manifestiert sich eines Tages in der Form eines Penners. Jacky gibt vor, der eigentliche Autor zu sein und nimmt David kurzerhand mit leicht erpresserischen Mitteln unter seine Fittiche, das heißt vor allem dessen Honorare

Aus Angst, die geliebte Frau zu verlieren, kann sich der vermeintliche Schriftsteller nicht dazu durchringen, sein Umfeld über den Irrtum aufzuklären, obwohl die Katastrophe unweigerlich naht.

Über den Autor

Martin Suter, geboren 1948 in Zürich, lebt mit seiner Frau in Ibiza und Guatemala. Er war Werbetexter und erfolgreicher Werber, ein Beruf, den er immer wieder durch andere Schreibtätigkeiten ergänzt oder unterbrochen hat. Unter anderem ›GEO‹-Reportagen, zahlreiche Drehbücher für Film und Fernsehen. Seit 1991 schreibt er als freier Autor, seit 1992 schreibt er die wöchentliche Kolumne >Business Class< in der >Weltwoche<.

Diskussion zum Thema

Gräfin 1 eröffnet die Diskussion und teilt uns mit, dass sie über Martin Suter ziemlich wenig gefunden hat. Umso mehr über sein Schriftsteller-Werk. „Lila, Lila“ hat eine spannende Ausgangslage, es geht um Bücher, das ist interessant für uns.

Die Hauptpersonen.

David: blass, man weiss gar nichts von ihm, alles ist ganz am Anfang in einen Nebensatz zusammengefasst. (Eltern geschieden, Mutter lebt in zweiter Ehe in Genf, Vater in dritter Ehe in Bern. Er war Einzelkind und hatte zu keinen Verwandten Kontakt.

Marie: Sie ist ehrgeizig, hat ein Ziel vor Augen und will aufsteigen.

Jacky: Er ist sehr zielgerichtet, trifft seine eigenen Entscheidungen, wird sehr gut beschrieben.

Es handelt sich um eine Geschichte die mit viel Gefühl, aber auch ziemlich schnulzig geschrieben worden ist. Beni betont, dass sie bereits 3 Bücher von Suter gelesen hat, sie stuft „Lila, Lila“ als sein schwächstes Buch ein. Aber der Literaturzirkus wird sehr treffend beschrieben!

 

Gräfin 2: Ihr gefällt, zum ersten Mal, der Schluss. Sie findet das sehr gelungen, dass das Thema vom Beginn wieder aufgenommen wird. (Schon der Einstieg hat sie begeistert.)

Gräfin 3: Sie ist ebenfalls der Meinung, dass der Beginn super war, Suter machte damit das ganze Buch schmackhaft, es war wirklich lässig, und lässt dann extrem nach. Die Personen sind nicht griffig, sogar stellenweise fad. Der Schluss besteht aus lauter Klischees, es kam ihr vor wie eine Verarschung des Lesers, dass er nur den Schluss des Buches nahm, eben von „Sophie, Sophie“, dem Original.

Gräfin 4: Sie fand das Buch überhaupt nicht packend, ‚worum ging es jetzt schon wieder? Ihr gefiel das gute Ende, für sie überlebte David den Liebesbruch von Marie, er führ einem neuen Leben entgegen. Er hat in ihren Augen die Hoffnung nicht aufgegeben und beginnt nun endlich selber zu schreiben. Aber die Geschichte war einfach zu lang.

Gräfin 5: Auch sie las das Buch schnittchenweise, hatte keine Lust, die Protagonisten kennen zu lernen…’ sie hätte lieber das Originalbuch gelesen, schwülstig, kitschig, schachtend, aber immer wissend, woran man ist. Der Flair der 50er Jahre hätte sie sicher genauso erfasst wie die Leserinnen, die Davids Buch zum Bestseller gemacht haben, genauso wie Marie es gemocht hat.

Die spannendste Figur war für sie der Jacky, der einfach gestrickt, doch bauernschlau, verschlagen, und gewieft den Städten und den Literaturdünkeln mächtig eins auswischen wollte und konnte. Eine schillernde, abstossende, unangenehme, unsympathische Figur, eigentlich ein Verlierer, der glaubte, sein grosses Los gezogen zu haben. Hat hoch gepokert, scheinbar gewonnen und ist doch vom Sockel oder vom hohen Ross gestossen worden. Sie liebt solche Protagonisten! Die leben!

Gräfin 1: sie ist sogar der Meinung, dass das Buch stellenweise nichts sagende und dilettantische Züge annimmt. Sie war enttäuscht von dem Buch, die Form war stümperhaft, das hätte sie auch so schreiben können.

Gräfin 2: Sie bringt eine etwas abstruse Theorie ins Spiel: Der Autor macht sich doch unterschwellig lustig über die Leser. Theorie: Er rechnet mit dem Literaturbusiness ab, überzeichnet, ist pointiert und lässt die Figuren so hängen. Warum macht er das? Der Einstieg am Anfang ist genial gelungen. Ist die Langeweile ein Stilmittel? Die bleichen, nichts sagenden Figuren werden vielleicht als Stilmittel verwendet. Beni und Evi können mit dieser Theorie wenig anfangen, warum soll Suter mit Absicht schlecht schreiben? Christa kann Pee verstehen und ist mit ihr einer Meinung.

Gräfin 3: Sie wartete das ganze Buch durch auf eine Überraschung oder eine überraschende Endung; und wurde enttäuscht. Das kann es nicht gewesen sein, dass er den Anfang an das Ende setzt. Das war so was von voraussehbar!

Gräfin 6: Die Idee des Buches fand sie spannend. Die Sprache war süffig und ihr hat auch die Idee vom ‚Buch im Buch’ gefallen. Für sie knüpft das Buch an eine Kolumne von Suter „Richtig Leben mit Geri Weibel“ an, wo Geri verzweifelt der Anschluss an eine Clique in der Schampar sucht. Aber sie findet es schade, dass sich David in der Geschichte nicht weiterentwickelt. Keine der Figuren empfand sie als sympathisch. Der Roman war gut, bis Jacky vom Balkon stürzte. Von da an hat sie sich geärgert. Wie kann man einen so schauderhaften Zugang inszenieren? Die Geschichte flacht ab und am Schlimmsten ist (einmal mehr) der Schluss.

Zitate

S. 46: „Sie war eine gute altmodische Köchin und ihr Geschwätz ein tröstliches Nebengeräusch; wenn er sich einsam fühlte.“

S. 155 „Vor ein paar Jahren hatte er beschossen, es reiche ihm, seinen Körper zu spüren, zu sehen brauchte er ihn nicht auch noch.“

S. 163: „Und das Bayernblatt begrüsste die Rückkehr des Lieben Gottes in die Gegenwartsliteratur.“

S. 185: „ Nicht an schlechte Zeiten denken ist das Privileg der Jugend.

S. 287 „David schenkte ihr ein hilfloses Lächeln, das ihr früher so gefallen hatte.“

S. 293 „Eine weitere verpasste Gelegenheit, das Richtige zu tun. Das Leben schien nur aus solchen zu bestehen.“

Krönchen: Alle Gräfinnen geben 3 Krönchen