Bewertung: 5

Tim Krohn – Vrenelis Gärtli

Bewertung: 5 Kronen

 

Die Lektüre ist in vier Bücher unterteilt, die jeweils 7-9 Kapitel gegliedert sind.

1. Buch: Vreneli wird als Tochter des Fessis Bauern geboren. Die Mutter (Mariili, auch ein Quatemberkind) stirbt früh (sie geht als Hummeli auf Reisen und kehrt nicht zurück), sodass die Leute im Tal munkeln, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Sie wenden sich von dem fleissigen Bauern und seinem Kind ab. Vreneli wächst isoliert auf der Alp Fessis auf. Sie wird deshalb vom Vater auf den Urnerboden gebracht, zum Bersiäneli, das Gold wäscht, zaubern kann und schon einige hundert Jahre alt ist. Vreneli lernt das „Füchslen“ (sie kann in Gestalt eines Füchsleins schlüpfen) und zaubern, aber auch lesen. Es zieht in dieser Zeit viel als Füchslein umher und spielt vielen Menschen einen Streich, sodass der Pfarrer den Vater aufsucht und diesen auffordert, das Mädchen in die Schule zu schicken. In der Schule lernt sie allerdings auch das Lügen. Bald schon schwänzt sie und zieht lieber mit dem Balzli umher. Darauf angesprochen erzählt Vreneli, dass sie in der Fabrik arbeitet, der Vater bestätig das, um sie zu schützen, damit sie ihm nicht weggenommen wird. Vreneli muss von da an tatsächlich in der Fabrik arbeiten gehen. Dort lernt sie Melk kennen. Vreneli verliebt sich in ihn, Melk will aber nichts von ihr wissen. Sie verliert ihn aus den Augen.

2. Buch: Vreneli rettet „Fralein“ Heer, die Tochter des Fabrikbesitzers, vor dem Hexer (der Vreneli fortan nach dem Leben trachtet). Darauf reisen beiden Frauenreisen zu einer Badekur ins „Tüütsche“ und Vreneli kommt dort in Kontakt mit Künstlern. Sie hat nun den Wunsch auch Kunst machen. Auf der Glärnischflanke hatte sie die Idee auf dem Firn, den sie als „Müetis Gletscher“ auserkoren hatte, Blüemli „zbrünzle“. Sie kürt Melk zu ihre Muse, dem sie ihre Kunst auf dem Gletscher widmet. Dieser taucht als Älpler wieder auf, der auf einer nahe gelegenen Alp und Vrenelis Liebe zu Melk flammt wieder auf. Diese wird allerdings auf die Probe gestellt, da Melk scheinbar nichts von ihr wissen will und sie „nur“ ein Freundschaft zu ihm haben kann. Auch die Freundschaft zu Frau Heer bekommt eine neue Dimension, als Vreneli es von der falschen Medizin des Dr. Tuet rettet. Vreneli und Fralein Heer fahren zum zweiten Mal zur Badekur nach Deutschland. Von der Fralein Heer gesund zurück kommt.

3. Buch: Vreneli versucht Dr. Tuet als Scharlatan zu überführen, der eine Packt mit dem Teufel geschlossen hat. Es gelingt ihr allerdings nicht. Sie verstrickt sich beim Versuch in Lügen, so dass sich Familie Heer vor ihr zurück zieht, was Vreneli sehr belastet. Sie wendet sich wieder der Freundschaft zu Melk zu. Sie lernt ihn zaubern. Aber Melk verhält sich plötzlich wieder eigenartig und zieht sich vor ihr zurück. Mit Familie Heer kommt sie wieder ins Lot, als Dr. Tuet sie wegen ihrer Begabung zum Heilen lobt. Sie fahren erneut nach Deutschland, wo ihr Herr Heer ein Praktikum als Heilschwester organisiert hat. In Deutschland hat Vreneli einen eigenartigen Traum und kehrt schwanger zurück. Sie weiss es allerdings nicht und versucht ihre Beziehung zu Melk wieder in Gang zu bringen. Dies scheint ihr anfänglich zu gelingen, bis Melk eines Tages spurlos verschwindet. Vreneli bekommt ein Kind das „Jöri“. Mit dem Kind stimmte allerdings etwas nicht und es hat eine eigenartige enge Beziehung zu Schlangen und Kröten, die sich in grossen Mengen auf Fettis auhalten. Die Menschen in Glarus ist das Ganze nicht geheuer und das Gerücht auf Fettis gehe der Teufel um, beginnt erneut und Vreneli und ihr Vater werden wieder geschnitten. Einzig die Angst vor der guten Beziehung von Vreneli und ihrem Vater zu Herrn Heer (dieser ist unterdessen in Bern in der Regierung), rettet sie davor aus dem Tal gejagt zu werden. Das Jöri stirbt. Vreneli geht es nicht gut und sie hat längere Zeit eine Krise, in der sie ruhelos umher zieht. Vrenili wird dann unter dem Chäs-Chessi auf dem Gletscher eingeschneit und der Tod kommt vorbei. Sie kann ihm allerdings entrinnen. Die Zeit unter dem Chessi und die Auseinandersetzung mit dem Tod dauern aber einige Jahre in der realen Welt.

4. Buch: Die Rückkehr von Vreneli und auch die Rückkehr von Melk fallen zusammen mit dem grossen Feuer in Glarus, das das Dorf fast vollständig zerstört. Vreneli kehrt zum Vater zurück und hilft zusammen mit Melk, der die Rolle des Arztes im Dorf übernimmt, beim Versorgen der Verletzten und gibt wichtige Anregungen für den Neuaufbau des Dorfes. Sie zieht sich dann aber auf die Alp zum Vater zurück. Melk hingegen kann ein Spital aufbauen und bleibt die meiste Zeit im Dorf. Die beiden heiraten und Vreneli wird schwanger. Während der Schwangerschaft muss sie allerdings liegen. Sie bekommt ein Mädchen, das Rösli. Ihr Vater bekommt einen Schlaganfall und ist fortan gelähmt. Vreneli bekommt starkes Fieber und ist dem Tod nah. Dieser kommt auch vorbei, um sie zu holen. Im Himmel will sie dann aber zurück und es gibt eine längere Diskussion, schlussendlich kann das Bersiäneli an der Stelle von Vreneli in den Himmel. Als diese auf die Welt zurück kommt sind wieder einige Jahre in der realen Welt vergangen. Sie kehrt aber glücklich nach Hause zurück.

Über den Autor

Tim Krohn, geboren 1965 in Nordrhein-Westfalen, wuchs in Glarus auf und lebt zusammen mit seinem Bruder Jan, der ebenfalls Schriftsteller ist, als freier Schriftsteller in Zürich. Krohn hat verschiedene Bücher und Theaterstücke geschrieben. Sein grösster Erfolg war allerdings sein Buch „Quatemberkinder“ (1998). Darin erzählt Tim Krohn aus Sicht von Melk (Melchior) die Geschichte um Vreneli. In „Vrenelis Gärtli“ (2007) erfährt die LeserIn nun was aus Sicht von Vreneli passiert ist. Für sein Schaffen wurde er unter anderem mit dem Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis ausgezeichnet.

Diskussion zum Thema

Gräfin 1: Sie liefert uns zum nicht einfach zu lesenden Werk eine tolle Zusammenfassung. Vielen Dank! Die Sprache beeindruckte sie sehr, als sie es im Jahr 2000 las. Auch Vrenelis Gärtli nahm sie sofort in Bann. Bei diesem Buch handelt es sich um eine Fortsetzung von „Quatemberkinder“. Es berührte sie sehr. Es ist eine Mischung aus Fiktion, Sage und Märchen. Krohn erfand eine Kunstsprache gemischt aus Hochdeutsch und Glarner Dialekt. Einige Stellen im Buch sind abstrus. Doch es ist ein wunderbares Märchen. Gräfin 1 gefällt das Buch und sie ist froh, hat sie mal ein gutes Buch vorgeschlagen.

Gräfin 2: Sie konnte das Buch nicht durchlesen, hatte lange Mühe, sich das Lesetempo anzugewöhnen. Sie ist eine Schnellleserin bei informativen Texten, bei Geschichten gerne mal ein bisschen langsamer. Hier muss man sehr genau und äusserst langsam lesen, was sie ungeduldig machte. Mit der Zeit aber entstand ein Nachhall auf die Sprache, die Wörter, die Ausdrücke, sie klangen wie ein Echo nach. Sie träumte sogar davon! Nun kam sie in den Rhythmus. Es gefiel ihr wirklich nicht am Anfang. Aber zuletzt war sie begeistert. Doch ein kleiner Abstrich bleibt: mysteriöse Abschweifungen „Hans Kasperli kotz mir Schmalz“ ist für sie nicht nachvollziehbar. Die ganze Geschichte kommt ihr ein wenig „Sennetuntschi-mässig“ rüber.

Vreneli brünzelte ihr zu viele Blüemli.

In der Mitte war das Buch zäh, beim Brand von Glarus kriegte es wieder mehr Schwung. Der Autor ging einen eigenen Weg, pflegte einen eigenen Stil. Chapeau, das hat ihr Eindruck gemacht.

Gräfin 3: Sie freute sich über den Vorschlag. Sie hat sich die Zeit genommen, beide Bücher zu lesen. Sie ist somit extrem in der Geschichte hängen geblieben. Dieses Buch begleitete sie durch den Sommer.

Sie las es in einem Blauringlager. Das war schräg, es nahm sie total ein. Sie hätte am liebsten allen daraus vorgelesen. Die Geschichte braucht die volle Aufmerksamkeit. Man muss ich auf das Tempo einlassen. Ein bisschen wie die Entdeckung der Langsamkeit…

Im Kern entspricht ein Abschnitt im Buch der Sage über Vrenelis Gärtli, die schon bei Quatemberkinder vorkommt: „Drecklochsalp mit dem Käse als Stiege

Ihr geht aber das Feingefühl für Übersinnliches ab. Die Recherche die Krohn betrieben hat, findet sie super.

Kritik: Die Bauern sind so misstrauisch, aber glauben dann nicht, dass Vreneli und Melk etwas mit dem Brand von Glarus zu tun haben. Sie sind doch sonst sofort bereit, an das Böse zu glauben.

Oft sah sie sich die Dialektwörterübersetzung an. Der Anhang mit dem Vokabular ist ein großer Pluspunkt im Buch!

Gräfin 4: das erste Drittel des Buches war nicht einfach, sie kam nicht in die Geschichte rein. Das langsame Tempo irritierte sie. Sie hat sich die Hör-CD dazu besorgt. Diese hörte sie öfters. Aber darauf ist nicht die volle Geschichte, sie hört abrupt auf. Den Brand von Glarus hat sie nicht gelesen, das mit der Drecklochsalp auch nicht. Sie las es von hinten nach vorne, damit sie bis zum Hörbuch aufschliessen konnte. Sie kann das Buch nicht sehr rühmen.

Zwar ist es gut erzählt, der Autor hat auch eine tolle Vorstellungskraft, das gefiel ihr schon. Auch weil es in Bildern geschrieben ist. Aber für sie ist es keine Geschichte von vorne bis hinten. Sie würde es auch nicht weiterempfehlen. Sie las es mit einem ablehnenden Grundgefühl, sie besuchte auch das Theaterstück im heiligkreuz nicht.

Gräfin 6: Sie kam nicht bis zum Schluss, sie unterschätze den Aufwand. Sie fand nicht in die Geschichte rein, es packte sie nicht. Der Sprachrhythmus machte ihr Mühe. Sie Stolperte oft über die Wörter und den Stil der Sprache. Sie hätte es bevorzugt, wenn der ganze Roman in Glarner Dialekt geschrieben gewesen wäre, als so halb halb. Kein Deutscher kann das lesen!

Zwei geteilt: Der Anfang ist so eine Sache, nach einem Drittel kippte es, das gefiel ihr, und die Geschichte kriegte Schwung und bekam Sinn. Melk und die Verliebtheit, Sehnsucht und das Fralein Heer. Da stimmte alles. Sie liest es sicher noch fertig. Aber grundsätzlich hat sie mit Mystik und SF Mühe. Traumbilder sind nicht ihre Präferenz. Nicht der Stoff, der sie interessiert. Aber es war dennoch unterhaltsam.

Gräfin 5: Sie hatte keine Freude dieses Buch zu lesen. Sie sah im Heiligkreuz das Theaterstück. Davon waren ja bei weitem nicht alle Entlebucher gleich begeistert, sehr ambivalente Kritiken! Spannend. Gräfin 5 war vom Theater begeistert. Alles stimmte, die Sprache, das Bühnenbild, die Umsetzung. Im Theater hatte Vreneli einen Zwilling, der mit ihr füchselte. Sie hatte keine Lust, das Buch zu lesen. Deshalb entschied sie sich wie Gräfin 4 für das Hörbuch. Aber oh Schreck, es waren nur Ausschnitte aus dem Buch drauf. Hört mitten im Buch auf. Aber es war super, die Texte zu hören, so fand sie beim Lesen sofort den Rhythmus, sie wusste, wie der Autor das gemeint hat. Ihr gefiel die rhythmische Sprache. Sie bedauert aber, dass sie Quatemberkinder nicht gelesen hat. Sie will das nachholen, um Vreneli besser zu verstehen.

Zitate

Gräfin 4: S. 47: „Das Berisäneli wohnte in einem Hüttli rings um die Wände und übers Dach gewachsen war, wie alten Leuten das Fleisch über den hochzeitsring wächst, …“

Gräfin 5: S. 88: „Und danach hängte sie den ganzen Tag pflotschnasse Bahnen Stoff auf, schwere Siechen, aber so lang und gleitig wie die Föhnfahnen ob dem Tödi und gefärbt so tüüf leuchtig wie die Fessisseeli im Abendgluet.“

Gräfin 2: S. 180: „Die wahre Kunst in der Konfersatiu sig es drum, die goldige Mitte zu finden, am ehigsten finde ein Meitli einen Mann, wenn es gad so gescheit sig, dass es der Konfersatiu folgen könne und nicht derenweg blöd fragte, dass dem Mann das Antworten langweilig würde, aber auch nicht so gescheit, dass er merke, was er seler für einen Habasch verzapfe.“

Gräfin 1: S. 204/205: „Der einte lebe ds Gotts Namen ein Leben wie eine Wurst, das fange am Anfang an und höre am Ende auf, und dazwischen wäre alles das Gleiche. …..“

Gräfin 6: S. 275: „…..das etter um den Tod ein Gschiss heig, …Ob einer heuer erligge oder in fünfzig Jahren, das sig Hans was Heiri, das Leben wäre stets des einten zu lang und den anderen zu kurz, und der Tod sig viel besser als sein Ruf.

Gräfin 3: S. 296: „Danach sagte der Herrgott ebigs gar nüüt, erst nachdem er lange Zeit gehirnet hatte, rief er seine Engeli mit scharfer Stimme und chiibnete, er sig es leid, dass in der Welt nur immer Gnuusch und nie keine Ordnung herrsche, und darum heig er beschlossen, dass künftig alle Mäntschen ihre Schuld nur noch im Jenseits dürften büssen, so heig er hoffentlich mehr Übersicht.“

Zum Weiterlesen

Quatemberkinder