Bewertung: 5

Andrej Kurkow – Picknick auf dem Eis

Bewertung: 5 Kronen

 

Viktor ist einsam. Seine letzte Muse hat ihn verlassen, nun lebt er allein, in trauter Zweisamkeit mit einem Pinguin namens Mischa, den der Kiewer Zoo nicht mehr ernähren konnte. Und Viktor ist ratlos. Irgendwie muss er seine Brötchen – und den Fisch für Mischa – verdienen, doch ein Tagträumer wie er, ein arbeitsloser Kurzgeschichtenschreiber, der nicht viel mehr vorzuweisen hat als seine Phantasie und eine Schublade voller unvollendeter Romanmanuskripte, hat es schwer im Kiew der Neureichen und der Mafia, wo allein Geld und Geschäftssinn zählen. So geht Viktor bei allen möglichen Zeitschriften mit seinen Kurzgeschichten hausieren, leider ohne Erfolg.

Doch eines Tages bietet der Chefredakteur einer großen Zeitung Viktor eine gut bezahlte Stelle als freier Mitarbeiter an: Viktor soll Nekrologe über berühmte Leute verfassen – die allerdings noch gar nicht gestorben sind. Viktor fragt nicht lange und macht sich an die Arbeit. (amazon.de)

Über den Autor

Geboren 1961 in St. Petersburg, verbrachte seine Kindheit in Kiew. Er studierte in der Zeit der Sowjetunion Fremdsprachen (er spricht insgesamt elf Sprachen), seinen Militärdienst verbrachte er als Gefängniswärter.
Später war er Kameramann, Journalist, Herausgeber einer Zeitung und Autor für Romane, Kinderbücher und Drehbücher. Heute ist er verheiratet, hat drei Kinder und pendelt zwischen den beiden Wohnsitzen in London und der Ukraine hin und her.

Diskussion zum Thema

Gräfin 2: Das Buch hat ihr super gefallen. Es war sozialkritisch, schräg und grotesk.

Gräfin 3: Sie hatte sehr Mühe mit dem Einstieg, es war zwar lustig auf Grund der Idee mit dem Pinguin, aber irgendwann doch totgelaufen. Erst nach der Ferienhausszene hat ihr das Buch gefallen. Vorher konnte sie die Hauptpersonen nicht fassen. Alle Personen laufen extrem auseinander; der Aspekt: ja nicht binden!

Nachher gefiel ihr das Buch, vor allem den Schluss fand sie grandios. Ihr kam Ionescous „Rhinozeros“ in den Sinn. Dies war Metapher zur Gesellschaft, trampeln alles nieder. Für sie war Mischa Zeiger der Gesellschaft. Viktor war ja gleich kalt oder gleichgültig wie die Gesellschaft. Es hat ihn alles eigentlich gar nicht interessiert. Dennoch such er nach Hilfe.

Das Wesentliche ist die Familie, man mischt sich nicht ins Leben von anderen ein.

Gräfin 6: Am Anfang bewegte sie nicht v iel zum Weiterlesen. Doch dann hat sie’s gerne gelesen und vor allem schnell gelesen. Aber Gräfin 5 hat schon recht, niemand gibt viel Preis, Viktor ist ein bisschen naiv, wir wussten ja schon lange, was mit den Morden abgeht. Das Leben wird für Viktor von aussenbestimmt. Viktor unternimmt nichts. Es ist nicht so spannend, so originell. Dennoch, es hat einen Fluss.

Gräfin 1: Der Schlusssatz! Er ist der Pinguin, Viktor ist der in sich gefangene, in einer fremden Welt, der einfach überlebt. Doppelgänger, ist nicht spürbar. Verloren. Er hat mehr Mitgefühl mit dem Pinguin, Hauptperson ist nicht fassbar weil abgestorben. Doch das Kinderherz ist symbolisch mit Lebendigkeit. Aber eigentlich ist es ja eine triste Sache. Sie empfindet Viktor als Fatalist. Aber eigentlich ist Viktor ja der depressive Pinguin. Die Geschichte ist für sie wie ein Märchen, hatte keine tiefere Bedeutung für die Wirklichkeit und für sie.Sie fand vor allem spannend, dass emotional nichts passierte.Alles lief einfach ab, man wartete auf Reaktionen des Protagonisten. Aber es gab keine. Es ist einfach erzählt, man blieb aussen vor, war aber dennoch blitzspannend. Es war eine traurige Geschichte, kein Symbol für das Leben in der heutigen Zeit. Obwohl viele Möglichkeiten da wären, ergreift der Protagonist keine davon. Er flieht.

Gräfin 4: Er wollte das Kinderherz nicht organisieren. Ihr hat das Buch sehr gut gefallen. Solche Menschen, die einfach existieren, gibt es viele. Viktor lebt, wenn er die Nachrufe nicht schreibt, dann ein anderer. Also, was soll’s? Wenn er Nina nicht aufnimmt, dann tuts ein anderer. Er muss sie ja nicht lieben. Es ist eine Zweckgemeinschaft. Aber auch ihr stellten sich Fragen. Doch sie hinterfragte die Geschichte nicht. Sie fühlte sich mit dem Pinguin seelenverwandt. Die ganze Story kam ist etwas „gehemmt“ vor, die Personenbeschreibungen enthalten soviel Distanz. Es hat viele lose Fäden, die nicht verknüpft werden.

Gräfin 5: Das Buch ist ihr schräg rein gekommen. Vieles wurde angefangen zu erzählen und hört dann einfach auf. Das war für sie weder amüsant noch greifbar. Die Charaktere sind nicht fertig beschrieben, keiner wird ausgefüllt. Die Frage, die sich ihr stellt: Was will mir dieser Autor überhaupt erzählen? Sie weiss jetzt nicht mehr über Kiew als vorher. Die Geschichte war für sie eine Enttäuschung. Viktor hat eigentlich gar nicht am Pinguin gehangen. Er ist ein Egoist. Dennoch hat sie sich köstlich über die Sprache amüsiert, die überspitzte Satire, die unterhielt sie. Dennoch: das Buch hat sie genervt, weil sie bis zum Schluss nicht wusste, was uns der Autor sagen wollte.

Lieblingszitate

Gräfin 1: S. 45 „Auf den Strassen schlichen die Autos so langsam dahin, als hätten sie Angst voreinander. “

Gräfin 4: S. 76 „Frauen stärken das Nervensystem der Männer. Und für dich ist es höchste Zeit, dass du dich mal um deine Nerven kümmerst! Schon gut, ich mache bloss Spass.“

Gräfin 5: S. 102 „Lass uns trinken, auf dass es uns nicht schlechter gehe. Besser ging’s uns ja schon mal.“

Gräfin 6: S. 103 „Sein Ausland – das war ein stiller Ort, eine Schweiz der Seele, bedeckt vom Schnee der Ruhe. Hier dagegen war alles mit Angst durchtränkt.“

Gräfin 2: S. 173 „Mit den Händen auf das kalte Fensterbrett gestützt…“

Gräfin 3: S. 241 „Ein langer Weg ist ein langes Leben. Dabei ist der Prozess….. “

Zum Weiterlesen

  • Pinguine frieren nicht. (Fortsetzung)