Bewertung: 3

Brun Dominik – Ahnungslos

Bewertung: 3 Kronen

Kurze Erklärung

Cover Dominik Brun - AhnungslosWarum dieses Buch? Unsere „Vorschlägerin“ hat in der Zeitung davon gelesen, und wenn ein Entlebucher schon ein Buch schreibt, sollte man das doch lesen! Nimmt aber nächstes Mal wieder einen Klassiker, es ist einfacher etwas darüber zu finden.

Zum Inhalt

Ein junger Typ überarbeitet sein Tagebuch, das er im letzten Schuljahr vor der Matura geschrieben hat. Er interpretiert und reflektiert sich und seine Umwelt, seine politischen Beobachtungen finden ebenso Platz wie sein gestörtes Verhältnis zu seinem Vater.

Zum Autor

Dominik Brun ist 1948 in Entlebuch geboren. Er studierte Germanistik an der Universität Bern. Seit 1977 ist er Lehrer am Gymnasium Engelberg. Er ist verheiratet und hat Kinder. Zeitweise arbeitet er als Hausmann, schreibt Theaterstücke, Hörspiele, Gedichte und Romane. Dieses Buch entstand in London, wo er dank der Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr ein Werkhalbjahr verbringen konnte. Mehr Infos fanden wir nicht über ihn.

Kritik

Am Ende des Abends waren die Gräfinnen sich einig. Das treffende Wort zu diesem Buch ist: BEMÜHEND

Bemühend, die Wortwahl, die gestelzte Jugendlichkeit, die Sprache. Alles wird angefangen und man hat doch von nichts eine Ahnung. Kein Strang in der Geschichte wird richtig zu Ende erzählt. Der Stil wird von allen als schwerfällig empfunden. Eigentlich hätte es im Buch gute Ansätze, aber nichts wird fertig verfolgt.

Die erste Hälfte finden die Gräfinnen zum Teil besonders mühsam, ein Herumgehüpfe in den Themen. Das Buch, die Geschichte und die Personen darin entwickeln sich nicht weiter und es wird bald langweilig.

Die Hauptperson Michi ist halbherzig gezeichnet, er will eigentlich gar nicht wissen, was wirklich los ist. Jodok, der Vater eines einheimischen Schulkollegen ist Michis Bezugsperson. Das Familienleben bei Jodok und seinem Sohn gefiel Michi, so hat er es sich vorgestellt, wie Familie sein sollte. Einziger Fixpunkt durch die Geschichte war Tante Ursula. Von ihr hat er den füller geschenkt bekommen, der die Schreibwut in ihm auslöste.

Vater und Mutter waren ihm egal, er wollte sie gar nicht an sich heranlassen und nicht sehen, was los ist. Er ist in der Gruppe (oder mehreren Gruppen) dabei und sagt nie was. Gehört doch nicht ganz dazu.

Eigentlich handelt es sich um einen Vater-Sohn Zwist, oder besser um eine nicht vorhandene Vater-Sohn-Beziehung. Der Vater ist zwar kein Feigling, und er wollte es immer allen Recht machen, merkte aber plötzlich, dass er ein verfahrenes Leben lebt, dass er gar nicht mag. Einige Gräfinnen konnten sich den Vater gut vorstellen.

Am Schluss der Geschichte spricht Michi zum ersten Mal wirklich mit seiner Mutter. Ein tolles Gespräch, finden einige der Gräfinnen, andere meinen: das Gespräch mit der Mutter ist nur noch bemühend. Was soll das? Die Schwester in der Psychiatrie, die Mutter am Rande des Zusammenbruchs.

Im Buch werden viele Abkürzungen gebraucht:
z.B. VAuD = Vater, Arzt und Doktor
SDWA = Scheiss die Wand an
UVB = Ungefiltert vom Bauch
etc.

Einige der Gräfinnen amüsierten sich ob den Abkürzungen und Teenagerfloskeln köstlich, andere ärgerten sich ab soviel Gestelztheit, da kein Jugendlicher, der ihnen bekannt ist, so spricht. Wer sagt heute noch: Ich Tropenhelm? (S. 69)
Wer hat schon den Ausdruck: Pieps ins Handy! gehört?

„Witziges wird nie alt.“ schreibt der Autor auf S. 79; wir finden schon, vor allem bei so abgedroschen Phrasen, die wir in den 80ern schon benutzt haben.

Allen Gräfinnen gefielen zwei Szenen: Die Wanderung mit dem Vater und das Konzert im Bunker, das sie für den Frauenverein geben (erinnerte schon fast wieder an die 69er Bewegung).

Gefallen hat auch die Parabel mit dem Mantel S. 62 und die Kreditkartengeschichte (S. 100). Mehr solche Einfälle und die Kritik könnte um einiges besser ausfallen.

Zusatzfrage zum Diskutieren

Wer interessiert sich für die Sexualität seiner Eltern, so wie Michi das von seinem Vater (und auch der Mutter) erfährt?
Fünf von uns möchten über die Sexualität der Eltern keine Einzelheiten erfahren, eine von uns interessiert sich dafür.

Fazit

Den Gräfinnen hat das Buch nicht gefallen. Keine würde es wirklich weiterempfehlen.

Hier will ein Erwachsener auf jugendlich machen, ist sogar fast krampfhaft darum bemüht. Für alle war es auch ein Verschnitt von Plentzdorf: Die neuen Leiden des jungen W., einfach weniger gut gelungen. Eine echte Alternative zu diesem Buch und um einiges köstlicher! Die Gräfinnen zweifeln daran, ob ein Kantischüler so reflektiert über die Umwelt nachdenkt.

Angaben zum Buch

Ahnungslos; Brun Dominik
edition magma, Brunner Verlag
ISBN 3-905198-80-0
2004

…und zuletzt noch dies:

Das Buch ist nicht handlich, es klappt beim Lesen immer wieder zu und man muss richtig kräftig halten, um darin lesen zu können. Sorry, schlechter Lesekomfort, zu anstrengend 🙁