Bewertung: 5

Pearl S. Buck – Die gute Erde

Bewertung: 5 Kronen

 

Die Geschichte beginnt mit dem Hochzeitstag von Wang Lung mit O-Lan und endet mit seinem Tod. Die Handlung ist vor der Kulturrevolution angesiedelt, irgendwann um die Wende ins 20. Jahrhundert.

Zu Beginn lebt Wang Lung mit seinem Vater in einem Frauenlosen Haushalt, in einer ärmlichen Lehmhütte. Sie leben vom Ertrag eines kleinen Stück Landes und weil es an Geld und Ansehen mangelt, kann sich Wang Lung nur die hässliche O-Lan, eine Sklavin einer angesehenen Familie aus der Stadt leisten. Doch O-Lan erweist sich als Glücksfall. Ohne Murren übernimmt sie all die ihr zugedachten Aufgaben. Tüchtig und arbeitsam wie sie ist, hat sie bald genügend Zeit, um auch auf dem Feld auszuhelfen. Sie schenkt Wang Lung zwei Söhne und eine Tochter. Wang Lung erarbeitet ein bisschen mehr, als zum Leben nötig ist und kann mit den Reserven durch einen glücklichen Zufall ein Stückchen Land der reichen Familie Hwang dazukaufen.

Doch eine Hungersnot infolge der Dürre lässt allen Wohlstand schwinden. Es kommt noch schlimmer, sie leiden so grossen Hunger, dass sie sich entschliessen, ihre Heimat zu verlassen und in den Süden in die Stadt zu ziehen. Kurz vorher gebiert O-Lan eine weitere Tochter, die sie aber gleich nach der Geburt erstickt. In der Stadt hausen sie in einer erbärmlichen, selbstgebauten Unterkunft an der Mauer. O-Lan und die beiden Buben betteln, Wang Lung versucht sich als Rikscha-Fahrer. So erfährt er vom Leben der Reichen und der Weissen. Wahrscheinlich auf Grund der Mangelernährung bleibt das Mädchen in der Entwicklung zurück, ist schwachsinnig und wir nur kleines Närrchen genannt. In den Revolutionswirren, die im zweiten Jahr, in der sie in der Stadt leben ausbrechen, kommen sie bei der Plünderung eines Hauses zu etwas Geld und Schmuck. Sofort machen sie sich auf den Rückweg in ihre Heimat. Dort steht nur noch das leere Haus. Alle Möbel haben sie verkauft, um das Geld für die Reise mit dem Stahlross in den Süden anzutreten.

Mit dem im Süden erbeuteten Geld können sie sich nun günstig weiteres Land dazu kaufen. Wang Lung steigt zum Grossgrundbesitzer auf, lässt andere für sich arbeiten. Seine beiden grossen Söhne dürfen zur Schule gehen und werden Gelehrte bzw. Kaufmann.

Nach der Geburt eines Zwillingspärchens verliert er das Interesse an seiner Frau und auch an seinem Land. Er hängt aus Langeweile in der Teestube und im Freudenhaus herum. Dort verliebt sich Wang Lung in die verwöhnte Hure Lotos, die er, weil er ohne sie nicht leben kann, mit zu sich nach Hause nimmt und heiratet. Zusammen mit seiner neuen Frau zieht deren Dienerin Kuckuck ins Haus. O-Lan ist darob verbittert und spricht kein Wort mehr. Sie verrichtet ihr Tagewerk und will die beiden Frauen, die im Innenhof leben, nicht zu Gesicht bekommen. Wang Lung ist grob und unfreundlich zu seiner ersten Frau, obwohl er im innersten weiss, dass er ihr fast alles verdankt und falsch handelt.

Als auch noch sein verhasster Onkel mit seiner faulen Frau und dem Taugenichts von Sohn bei ihm einzieht, sind die ruhigen Tage vorbei. Doch nur durch die Aufnahme dieser verwandten ist seine Familie vor Übergriffen und Nachstellungen einer furchtbaren Räuberbande sicher, da auch sein Onkel und sein Cousin zu diesem Gesindel gehören und sie mit ihrer Anwesenheit beschützen.

O-Lan wird krank und wünscht sich sehnlichst, dass ihr ältester Sohn eine Frau nimmt und sie die Hochzeit noch erleben darf. Dies geschieht wie gewünscht, der Sohn kann sich eine angesehene, schöne Frau aus der Stadt leisten. Nach O-lan stirbt auch Wang Lungs Vater. Auf Betreiben des ältesten Sohnes zieht die Familie in die Stadt und übernimmt das Haus der verarmten Familie Hwan. Den ungeliebten Onkel und die nichtsnutzige Tante hat man mit Opium ausgeschaltet, die beiden sind süchtig und bleiben zurück im alten Haus. Ihr Sohn hat sich den kriegstreibendenen Truppen angeschlossen und ist ebenfalls fort.

Wang Lung hat seinen jüngsten Sohn als Nachfolger vorgesehen. Dieser weigert sich jedoch, Bauer bzw. Grundbesitzer zu werden, und schliesst sich den Revolutionären an und verlässt die Familie. Wang Lung, der noch eine späte Liebe mit einer Sklavin erlebt, sieht weiterhin »die gute Erde«, also sein Land, als Fundament seines Reichtums an, doch die beiden ältesten Söhne planen den Grund nach seinem Tod zu verkaufen.

Personen

  • Wang Lung, armer Bauer
  • O-Lan, erste Frau (schlicht und hart arbeitend)
  • Lotos, Konkubine (Statussymbol, schön und faul)
  • Kuckuck, deren Sklavin (ausgekocht und durchtrieben)
  • erster Sohn (materialistischer Gelehrter)
  • zweiter Sohn (knickriger Händler)
  • dritter Sohn (wird kaum erwähnt, wird Soldat und Diplomat)
  • Pfirsichblüte, spätere Konkubine Wang Lungs
  • Armes Närrchen, älteste Tochter von Wang Lung und O-Lan (hirngeschädigt)

Über die Autorin

26. Juni 1892 geboren in Hillsboro, West Virginia
Pearl S. Buck wuchs als Tochter eines amerikanischen Missionarsehepaars in China auf. Sie sprach englisch und chinesisch fliessend.

1917 nach einem Literaturstudium in den USA heiratet Pearl den Agrarwissenschaftler John Buck: “18 Jahre gab ich alles, was ich geben konnte, … und 18 Jahre bekam ich nichts zurück.” Das einzige Kind aus dieser Ehe ist geistig behindert.

Ende der 20er Jahre veranlassen die Krankheit der Tochter und die politischen Unruhen in China die Bucks zur Rückkehr in die USA.

1930 veröffentlicht Buck ihren ersten Roman “Ostwind – Westwind“.

1931 erscheint „Die gute Erde“, der erste Band einer Trilogie über eine chinesische Familie. Es ist ihr bekanntestes Werk und wurde in 30 Sprachen übersetzt.

1935 lässt Buck sich scheiden und heiratet ihren Verleger Walsh. Die beiden adoptieren im Laufe der Jahre acht Kinder.

1938 bekommt Pearl S. Buck den Nobelpreis. Nach den “China-Romanen” greift sie amerikanische Themen auf, besonders die Rassenfrage. Insgesamt veröffentlicht sie über 70 Bücher.

1960 nach Walshs Tod engagiert Buck sich auf vielen neuen Gebieten: Bildhauerei, Filmregie, Landwirtschaft. Sie gründet Hilfsorganisationen für behinderte Kinder und für Kinder amerikanischer Soldaten und asiatischer Frauen.

1962 (mit 70) belegt sie einen Tanzkurs; der 40 Jahre jüngere Tanzlehrer, T.F.Harris, wird ihr Freund und Biograph.

6. März 1973 gestorben in Danby, Vermont

Diskussion zum Thema

Gräfin 2 stellt das Buch und die Autorin vor und gibt tolle Unterlagen ab. Die Auswahl fiel auf das Buch, weil wir literarisch zu selten in Asien waren. Sie auch nichts Zeitgenössisches.

Gräfin 2: sie las das Buch sehr schnell, es war äusserst süffig. Obwohl Namen oft fehlen (1. Sohn, 2. Sohn), konnte man sich die Personen gut vorstellen. Es gefiel ihr, dass nichts und niemand anbiedern dargestellt wurde. Pearl S. Buch war eine reine Erzählerin, recht emotionslos. Die Armut, den Hunger konnte sie beschreiben, schnörkellos, aber dennoch spürbar. Doch da setzt auch Kritik ein: das Ganze war ab und zu spröde und distanziert. Dennoch strahlte das Buch eine Sogwirkung aus, es liest sich gut und gerne.

Gräfin 5: Endlich mal ein Buch, dass sie nicht am Nachmittag erst fertig lesen musste! Auch sie spürte diese Sogwirkung, obwohl das Buch wirklich augenfeindlich geschrieben ist. Auch sie störte sich nicht an den fehlenden Namen, im Gegenteil. Fast lieber so, als unzählige chinesische Namen im Buch, die man sich eh nicht gut merken kann. Ihr gefiel, dass Pearl S. Buck nicht wertete. Aber das war eigentlich zu erwarten, denn die Autorin wurde grösstenteils in China sozialisiert. Ihr hat das Buch sehr gut gefallen, sie konnte sich den Dreck und die Armut richtig vorstellen. Die Bodenständigkeit, die Liebe zur guten Erde kam mit dem Dreck zwischen den Zehen, mit der Verbundenheit auch körperlich spürbar zur Erde. Was ihr auffiel, der Reichtum wurde von Wang Lung nicht mit Fleiss erarbeitet, sondern bei einer Plünderung eines Hauses im Süden erbeutet, gestohlen. Natürlich hat er den Schatz gut eingesetzt und ist sorgsam damit umgegangen. Aber er hat sich nicht mit lediglich redlicher Arbeit zum Grossgrundbesitzer heraufgearbeitet. Je grösser der Reichtum, desto weniger Bodenhaftung hat er und so verliert er auch die Beziehung zu seiner Erde, zu seinem Land. In dem er andere für sich arbeiten lässt, kommt er vor Langeweile fast um. Er zerbricht wie die reiche Familie Hwang, der er das Land abgekauft hat. Zwar wusste er, was ihn reich machte, er wusste, dass er falsch handelte, aber er dachte in Konventionen, und als Grossgrundbesitzer muss er nicht auf dem Land arbeiten. Das wurde ihm zum Verhängnis. Die Sprache war so einfach wie der Mann, den sie beschrieb. Dennoch war es jederzeit gut und stilsicher geschrieben, nie anspruchslos. Die Vergabe des Nobelpreises für Buck, die so viel Wirbel und Kontroversen auslöste, muss man im politischen Zusammenhang sehen. 1937 stand die Welt vor einem weiteren Krieg, man wollte ein Zeichen setzen. Gräfin 5 würde das Buch weiterempfehlen. Leider ist Band 2 der Trilogie vergriffen, Band 3 ist erhältlich.

Gräfin 4: Sie la das Buch sehr rasch, in drei Tranchen. Sie verzweifelte oft fast an Wang Lung. Warum kam er auf die Idee. Lotos zu holen und warum behielt er sie‘ Warum fütterte er zudem noch seinen Onkel durch? Die Idee des ersten Sohnes, dem Onkel Opium zu geben, um ihn ruhig und zufrieden zu stellen, fand sie toll. Dieser sture Familiensinn war für sie oft nicht nachvollziehbar. Die Geschichte ist gut geschrieben. Dennoch konnte sie nicht viel anstreichen. Warum besuchte er eigentlich seine 2. Tochter nach der Heirat nicht mehr? Warum führte er die Hochzeitsverhandlungen nicht selber und schickte immer Kuckuck oder seine Tante vor? War das Weibersache? Oder fühlte er sich zu wenig wertvoll dafür? Als armer Mann war er glücklicher. Je mehr Geld, umso mehr vom Ursprünglichen entfernt.

Gräfin 1: Sie las das Buch in Italien im Urlaub. Nach üppigen Mahlzeiten über den Hunger zu lesen… es gäbe Passenderes. Dieser Kontrast führ ihr aber extrem ein. Sie fand das Buch spannend, auch mit dem Hintergrund. Wie die östliche Welt so im grossen Unterschied stand zur westlichen Welt, vor gerade mal 100 Jahren, war eindrücklich beschrieben und nachzulesen. Die weisse Welt gab es in China kaum, nur ganz wenige Berührungspunkte. Leider liess Pearl S. Buck die Leserinnen meistens aussen vor. Emotional war das Buch mager, beschrieb aber enorm berührende Bilder. Wenn man sich vorstellt, dass ihr Vater Missionar war (mit jüdischem Namen) und aus den prüden USA stammte, staunt man schon über den Mut der Autorin, über Geburten, Freudenhäuser und Konkubinen zu schreiben. Deswegen schlug wohl das Buch so ein in Amerika und verkaufte sich wie warme Semmeln! Schliesslich passierten all diese körperlichen Dinge im fernen China! Denn die moralischen Aspekte und Ansprüche der Amerikaner waren in diesem Buch sicher nicht erfüllt. Das Buch war auf einem Index. Dass die Autorin einen Mann als Hauptfigur wählte, und die Geschichte aus seinem Blickwinkel erzählte, ist speziell!

Gräfin 3: Sie war beeindruckt vom Aufstieg des armen Bauern zum Grossgrundbesitzer. Diese Wandlung vollzog sich für alles sichtbar, aber nicht in seinem Geist. Dort blieb er das Bäuerlein, er fühlte sich nie gleichwertig. Nur sein Geld machte ihn zu jemanden mit Ansehen. Damit versuchte er, eine Aura aufzubauen und Anerkennung zu kaufen. Er macht in der Bildung kaum eine Entwicklung durch. Immer wenn es ihm gutging, hatte es mit Einfachheit zu tun. Den Boden unter den Füssen spüren, sein armes Närrchen betrachten, hatte auch mit seiner geistigen Armut zu tun. Dennoch war sie vom Buch ein bisschen enttäuscht. Es war ihr nicht bewusst, dass es der erste Band einer Trilogie war und erwartete einen Einblick in die Kulturrevolution von Mao. Deshalb wäre ihr Anspruch an das Buch gewesen, mehr Hintergründe über diese stattfindende Revolution im Süden mehr zu erfahren. Es kam ihr vor, als würde die Schriftstellerin Käfer beobachten, mit einer den Amerikanern typischen Überheblichkeit. Sie beschrieb akribisch, brachte das Ganze aber nicht in einen grossen Zusammenhang.

  • Vater: Wut, Zorn, Arbeit
  • 1. Sohn: Stolz und Ansehen
  • 2. Sohn: Geiz und Berechnung
  • 3. Sohn: Revolution und Enttäuschung

Dafür gibt es ein Lob; den Titel „Die gute Erde“ arbeitete sie hervorragend heraus.

Gräfin 6: Tja, es ist schon fast alles gesagt…Das Buch war gut und süffig. Die Sprache total im Fluss, aber nicht extrem anspruchsvoll. Sie empfand es tatsächlich als Trivialliteratur. Es geht alles nicht so sehr zu Herzen, man schaut bloss zu, was mit den Personen im Buch passiert. Zwar ist man gespannt, man wundert sich bisweilen aber Gefühl kommt selten auf. Man will gerne weiterschauen, wie es am anderen Ende weitergeht.

Zitate

Gräfin 2 S. 32: „So würde eines Tages auch ihr Haus zerfallen, und auch sie würden sterben und wieder zu Erde werden.“

Gräfin 3: S. 160 „Da ihm klein und ängstlich in seinem Herzen zumute war, versuchte er, möglichst selbstverständlich zu wirken…

Gräfin 6: S. 281 „ Keiner wagte, ihn daran zu hindern, damit seine Wut nicht sein Blut vergiftete und ihn im Alter um seine Gesundheit bringe.“

Gräfin 5: S. 215 „und wieder hatte das gute Land seine heilende Wirkung für ihn, die Sonne schien auf ihn herab und heilte ihn, die warmen Sommerwinde strichen über seine Haut und gaben ihm Frieden.“

Gräfin 4: S. 328 „Dann ging er hinein in die Umfriedung und sah sich sorgfältig um und erkannte die Stelle, wo er begraben werden würde -…“

Gräfin 1: S. 331 „Es ist das Ende einer jeden Familie, wenn sie anfangen, das Land zu verkaufen.“

Zum Weiterlesen

2. Band: Söhne

3. Band: Das geteilte Haus