Bewertung: 4

Virginia Woolf – Mrs. Dalloway

Bewertung: 4 Kronen

 

Mrs. Dalloway_Wir sind alle stolz, dass wir ein Stück Weltliteratur gelesen haben. Für Virginia Woolf war Mrs. Dalloway ihr gelungenstes Buch.

Das Buch beginnt mit dem Satz: „Mrs. Dalloway sagte, sie wolle die Blumen selber kaufen.“ Geschildert wird in diesem Roman Das Leben einer Frau in einem einzigen Tag. (Beeinflusst von Ulysses von James Joyce)

Clarissa Dalloway, die 52 jährige Frau eines Politikers, gehört zur Oberschicht. Das Buch schildert den 13. Juni 1923. Es ist ein Tag wie mancher andere in ihrem Leben. Sie erwartet eine noble Abendgesellschaft in ihrem Haus, da gibt es allerlei vorzubereiten. Doch an diesem Tag kehrt Mrs. Dalloways Jugendliebe Peter Walsh nach London zurück und kündigt seinen Besuch an. Dies ist ein Grund für Clarissa, in Erinnerungen zu schwelgen.  Sie hatte sich nämlich seinerzeit gegen ihn und für den langweiligen, grundsoliden Richard Dalloway entschieden. Gleichzeitig irrt der Kriegsheimkehrer Septimus Warren Smith mit seiner Frau durch London. Seine schlimmen Kriegserinnerungen treiben ihn in den Selbstmord. Dies wiederum wird zum thema der Abendgesellschaft.  Perspektivenwechel zeigen Ereignisse aus verschiedenen Blickwinkeln und in verschiedenen Zeitabläufen.

Verfilmt wurde die Geschichte von Michael Cunningham mit Nicole Kidman in der Hauptrolle. Titel „The Hours“

Über die Autorin

Das Leben von Virginia Woolf Stephens ist sehr spannend. (Wir haben einige Parallelen zum Leben von Mary Shelly gefunden, witzig, nicht?)
Sie war keine „verschupfte“, tragische Frau, sondern sehr tough, das Zusammenleben mit ihr war sicher nicht einfach.
Sie wuchs als jüngstes Kind von Eltern auf, die beide schon vorgängig verheiratet waren und mit andern Partner schon Kindern hatten. So steht in der Biographie von Virginia Woolf, dass sie von ihren ältern Halbbrüdern von Jugend an sexuell missbraucht wurde.
Der Tod ihrer Mutter traf sie so hart, sie war erst 13 Jahre, dass sie ihren ersten Nervenzusammenbruch bekam. Sie war 22, als ihr Vater starb, der sie sehr stark gefördert hatte, und brach wieder zusammen. Zeitlebens war sie psychisch sehr unstabil. Auch in ihrer Ehe mit Leonard Woolf, den sie mehr mochte und respektierte, als dass sie ihn liebte, kämpfte sie gegen Depressionen und seelische Unstimmigkeiten.
Ihr Leben bestand aus Schreiben, sie schrieb schon als Kind. Sie konnte sehr sarkastisch, humorvoll und auch bissig, bisweilen bösartig giftig sein. Immer aber war sie ein gern gesehener Gast bei Zirkeln, Diskussionen und Veranstaltungen. Sie nahm sich mit 57 Jahren in einem Fluss in England das Leben.

Diskussion zum Thema

Oft nach dem Glockenschlag des Big Bens wechselte die Perspektive, resp. die Person im Buch. Keine von uns konnte das Buch locker lesen. Die Frage drängte sich auf: „ Haben wir zu wenig Intellekt dazu?“ Nein, es handelt sich einfach um ein äussert schwieriges Buch, eines der 100 Bücher der Weltliteratur, das man gelesen haben sollte.
V. Woolf bedient sich oft ausgesprochen langer Sätze. Ganze Abschnitte können in einen Satz verpackt sein. Wir fanden den längsten auf S. 94/95 mit 180 Wörtern. Oft schrieb sie Bandwurmsätze, wenn die Geschichte vor sich hin köchelte. Uns kam es vor wie ein Film. Als ob Clarissa vor sich hinträumt, ihr war nicht wichtig, was sie sagte oder dachte, sondern wie. (Das Gefühl, das das Sprechen oder Denken bei Clarissa auslöste.)

Eine Gräfin hatte extrem Mühe, sich auf diese Sprache einzulassen. Sie kam nicht an die Geschichte heran. Eine andere Gräfin bezeichnete die Art zu schreiben als „denkerlen“. Was wäre wenn ich…und überhaupt könnte ich… sollte ich… etc.

Personen

Kilman: Angenehmen, obwohl sie eine unsympathische Frau ist, eine Macherin war. Sie ging wohl in die falsche Richtung, aber sie ging!
Elisabeth: Mutter und Tochter standen nicht in einer Beziehung zueinander.
Peter Walsh: Hat seinen Weg bis heute nicht gefunden, erschien uns allen als grosser Kindskopf, etwas lächerlicher, alter Herr.
Sally: Sie hat das Glück gemacht. War uns allen am sympathischsten. Will allen ihren tollen Mann und ihr Glück zeigen, aber niemand will es sehen, es ist nicht standesgemäss! Selfmade…
Clarissa: Lebt in Gedanken ihre Jungendliebe, aber eigentlich weiss sie, dass sie sich richtig entschieden hat. Richard zu heiraten war richtig.

Abstimmung Gräfinnen:
Sollte Clarissa Richard heiraten oder nicht?
1x Stimmenthaltung
– Ja: Ein Rest von Unzufriedenheit bleibt immer
– Ja: Sie ist die Frau um zu heiraten, unbedarft und sowieso in Sally verliebt, der unerfüllbaren Liebe ihres Lebens.
– Ja: Richard war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, als Clarissa zum Heiraten bereit war, sie brauchte ihren Mann mit Position und er passte. Mit Peter wäre es nicht gutgegangen.
– Nein: Ohne Richard hätte sie ein Leben gehabt, hätte Leidenschaft, Feuer und Glück und Unglück erleben können. Jetzt hat sie einfach Tage aneinander gereiht.

Einig sind sich alles 5 Gräfinnen: Ihr Leben wäre sicher abwechslungsreicher verlaufen und leidenschaftlicher gewesen. Das Leben ging an Clarissa vorbei. Zitat: S. 34 „..und wenn sie dort lag und las, denn sie schlief schlecht, konnte sie eine über das Kindbett gerettete Jungfräulichkeit, die sie umschloss wie ein Laken, nicht austreiben.“

FAZIT:

Gräfin 1 Sehr zäh zu lesen, man musste sich durchgebissen, es war kein Roman zum sich Hineinverstricken. Möchte nicht immer solche Bücher lesen
Es hat einfach zu viele Wörter, Gräfin 2 hatte keinen Zugang zu den Personen. Sie ist sehr stolz, dass die das Buch gelesen hat. Musste es Satz für Satz lesen, weil der Lesefluss, der Rhythmus der Geschichte nicht auf sie übersprang. Manchmal gab ihr auf die Nerven, dass Clarissa an etwas ganz anderes dachte, wenn sie etwas unternahm. Das mag sie auch im wirklichen Leben nicht und dann will sie das nicht auch noch lesen!
Gräfin 3 monierte, viele Sätze musste sie 2-3 mal lesen. Ihr gefiel vor allem die Sprache, die treffende Wortwahl hat sie begeistert. Auch, wie V. Woolf die Charaktere der Leute herausgearbeitet hat, man musste sich aber mächtig reinknien, um die Personen auch kennen zu lernen. Durch die wunderbaren Beschreibungen der Szenerie hat sie London richtig gespürt und gesehen.
Gräfin 4 fand, es war für sie ein intensives Leseerlebnis, aber auch sie hatte einige Hänger. Für sie ging es um den Sinn und Unsinn im Leben. Die Art des Gedankenflusses der Menschen, wie sie die Gedanken verirren, zurückkommen zum eigentlichen Ausgangspunkt. Es ist ein dauerndes auf und ab. Die Geschichte ist klar und realistisch und schonungslos geschrieben, der Schluss war ihr aber zu romantisch. Gut gefiel ihr die Abrechnung mit den Psychiatern und der Kirche.
Gräfin 5 musste sich überlisten, um das Buch zu lesen. Immer wieder vier Seiten, sie konnte es wirklich nur Häppchenweise verdauen. Der britische Humor im Buch sprach sie sehr an und erinnerte sie in der Beschreibung der Personen oft an die Art von Agatha Christie (ob sie abgekupfert hat?) Sie konnte die Stimmung der Szene oder der Personen mehr spüren durch die Art wie die Sprache floss oder stockte, als dass sie mit dem Verstand begreifen konnte, was V. Woolf schieb. Ist sehr stolz, dass sie das Buch gelesen hat.
Gräfin 6 las das Buch und sah die Geschichte als Film. Sehr bildlich die Beschreibungen, las nicht genau die Worte, sondern unterstrich mit dem Stift, wenn ihr eine Wendung besonders ins Auge stach.

Filme über Mrs. Dalloway:

The Hours
Drama, USA 2002, Regie: Stephen Daldry, Buch: David Hare, Michael Cunningham, Mit: Meryl Streep, Julianne Moore, Nicole Kidman, Ed Harris, Toni Collette, Claire Danes, Jeff Daniels,

Die Geschichten von drei Frauen scheinen trotz zeitlicher Unterschiede – die drei leben in unterschiedlichen Epochen – miteinander verbunden: Die britische Schriftstellerin Virginia Woolf ist ihr trübsinniges Leben leid und steigt mit Selbstmordabsichten in einen Fluss. Derweil plagt eine Hausfrau im Los Angeles des Jahres 1952 der mühselige Ehealltag, während eine Lektorin im heutigen New York mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten, ein aids-kranker, lebensmüder Schriftsteller, ihre Not..